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Schweiz verbietet Pokerturniere ausserhalb Casinos

Aus Sicht der Schweizer Pokerspieler ist der heutige Tag ein sehr schwarzer Tag. Das Bundesgericht, die höchste Schweizer Justizbehörde, hat entschieden, dass ab sofort nur noch konzessionierte Spielbanken – sprich Casinos – Texas Hold’em Pokerturniere anbieten dürfen. Private Turniere im Freundes- und Familienkreis bleiben weiterhin erlaubt.

Dieser Entscheid trifft die vielen Turnier-Anbieter, die in den letzten zwei Jahren aus dem Boden geschossen sind, hart. Inventar (Pokertische und Chips) werden wohl in Kürze zu Spottpreisen angeboten werden, und die vielen (Teilzeit)-Angestellten müssen sich eine neue Stelle suchen.

Vor zwei Jahren erlaubte die Spielbankenkommission, deren Entscheid später durch das Bundesverwaltungsgericht gestützt wurde, privaten Veranstaltern, Pokerturniere gegen Geld anzubieten. Die Überlegung war, dass Texas Hold’em kein Glücksspiel ist und deswegen nicht dem Spielbankengesetz untersteht. Das Bundesgericht sah das im heute veröffentlichten Bundesgerichtsentscheid anders:  Texas Hold’em Poker sei vor allem ein Glücksspiel, deswegen gelte das Spielbankengesetz und Pokerturniere dürfen nur noch in Casinos ausgerichtet werden. Dieser Entscheid freut natürlich die Casino-Betreiber: Ich persönlich rechne nicht mit einem Besucheransturm auf Casinos, aber ein paar Pokerspieler mehr als früher werden sich sicher in die Casinos verirren. Am Live Poker verdienen Casinos kaum Geld – aber mit Garantie werden einige der Pokerspieler nach dem Ausscheiden aus Turnieren noch etwas Geld an Slot-Maschinen oder am Roulette-/Black Jack-Tisch verlieren.

Für mich persönlich ist dieser Entscheid des Bundesgerichts völlig unverständlich und er beweist, wie realitätsfremd die Richter dort sind. Während die Fachverständigen – die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK – noch im Dezember 2007 Poker als Geschicklichkeitsspiel qualifizierten, sind die Richter aus Lausanne offenbar wenig mit Texas Hold’em vertraut. Hier ein paar Zitate aus dem Entscheid 2C_694/2009:

  • Glücksspiele sind Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht, der ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.
  • Das Pokern wird im Wesentlichen durch die Verteilung der Karten und das auf nur beschränkten Kenntnissen (eigene und aufgedeckte Karten, allenfalls Bluff) beruhende Setzverhalten der Gegenspieler, d.h. durch kaum kontrollierbare, zufallsabhängige Faktoren bestimmt.
  • Zwar kann ein Spieler mit Taktik, mathematischen Fähigkeiten, einem guten Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit, Lernfähigkeit, schauspielerischem Talent, psychologischem Geschick und einer klugen Risikoeinschätzung das Spiel in einem gewissen Mass zu seinen Gunsten beeinflussen, doch bestehen keine definitiven Daten dazu, in welchem Umfang diese Elemente tatsächlich den für den Spielausgang wesentlichen Zufall überwiegen.
  • Die Abklärungen und Testspiele der ESBK weisen nur darauf hin, dass bei „Texas Hold’em“-Pokerturnieren nicht ausschliesslich Glück im Spiel ist, sondern auch der Eignung und Fähigkeit sowie der Erfahrung der einzelnen Spieler eine gewisse Bedeutung zukommt. Die Testserien der Spielbankenkommission und ihre Hypothesen vermögen jedoch nicht zu belegen, dass diese Umstände das Zufallselement überwiegen.

Jeder, der schon länger Poker spielt (und dazu gehört sicher keiner der Richter aus Lausanne), weiss, dass es beim Poker auch eine Glückskomponenente gibt. Siehe Foren-Threads mit Titeln wie „Poker ist rigged“, „Warum erhalte immer ich die Bad Beats“, „Verfl… Varianz“ etc. Aber jeder, der schon länger Poker spielt, weiss auch, dass sich langfristig das Kartenglück ausgleicht – langfristig gewinnt der bessere Spieler. Natürlich ist Poker nicht wie Schach: Ich kann ein Jahr lang jeden Abend gegen einen Karpow oder Kasparow spielen und werde jedes Mal verlieren. Beim Poker könnte ich gegen den besten Spieler der Welt spielen und hätte eine faire Chance, ein paar Abende den Tisch als Sieger zu verlassen – aber langfristig würde mich der Pokerprofi ausnehmen.

Der Beweis, dass Poker kein reines Glücksspiel, sondern mehrheitlich ein Geschicklichkeitsspiel ist, leitet sich schon daraus ab, dass es tausende Pokerprofis (als Kontrast: Kennt jemand einen Roulette-Profi oder jemanden, der beruflich als Slot-Maschine-Spieler arbeitet?) gibt, die mit Poker ihren Lebensunterhalt verdienen. Aber von Männern wie Dan Harrington oder David Sklansky, die beide auch Pokerstrategie-Bücher verfasst haben, haben die Richter wohl noch nichts gehört… Und wohl auch nicht von der WSOP, der „Weltmeisterschaft im Pokern“, bei der regelmässig die gleichen Gesichter die grossen Turnierpreise gewinnen. Und sie kennen sicher auch nicht die Sharkscope-Statistiken, die beweisen, dass die Top-Spieler auf zehntausende Turniere Geld mit Poker verdienen.

Verbot Poker Turniere in der Schweiz – wie weiter?

Also erstmal muss ich anmerken, dass mich das Verbot vorerst nicht wirklich betrifft. Ich habe letztmals vor zwei Jahren live Poker gespielt – ich ziehe online Poker vor. Aber das Verbot wirft kein gutes Licht auf Poker, das sich vom jahrhundertealten, schlechten Image langsam erholt hat. Ich kann deswegen jedem, der sich für Poker interessiert, empfehlen, der Facebook-Gruppe „Pokern fürs Schweizer Volk“ (EDIT 06.11.2013: tja, die Facebook Seite gibt es nicht mehr, wie ich eben feststellen musste) beizutreten – und sei es auch nur als Sympathiekundgebung für die Betroffenen Pokerturnier-Veranstalter in der Schweiz.

Weiter möchte ich auf meine Webseite zum Thema Turnier-Poker Strategie (SNG, MTT) verweisen. Schon der Name sagt, dass es dort um Strategie geht – eben weil man mit Geschicklichkeit im Poker Geld verdienen kann.

Und natürlich möchte ich auch auf Angebote von Online Pokerräumen verweisen. Diese drei Räume sind die grössten Veranstalter von online Pokerturnieren – hier gibt es eine beliebig grosse Auswahl an Turnieren. Von Gratisturnieren (Freerolls) bis Turnieren mit einem Preisgeld über einer Million. Im Gegensatz zum Spielen in Casinos bezahlt man keinen Eintritt, wenn man die Software startet, und kann von mir aus im Pyjama spielen:
PokerStars600$ Bonus (Marketing Code psp13368)

Full Tilt Poker600$ Bonus (Referenzcode SNGPOKER)

PartyPoker500$/325 Euro Bonus (Code POKERPROFI)

Schweiz will privates Pokerspiel legalisieren

Ein kleiner Nachtrag zu Artikel zu „In Estland wird online Poker legal„: Die Schweiz will private Pokerrunden legalisieren. Der Nationalrat hat in der Frühjahrssession die Motion von Lukas Reimann mit 94 zu 76 Stimmen angenommen. Damit wird der Bundesrat beauftragt, ein Gesetz zur Legalisierung des privaten Pokerspiels in der Schweiz zu erarbeiten. Mit diesem Beschluss ist der Nationalrat nicht auf den Vorschlag der Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf eingegangen. Diese empfahl, die Motion abzulehnen. Sie verwies auf das Spielbankengesetz, gemäss dem Glücksspiele in der Schweiz nur in konzessionierten Spielbanken angeboten werden dürfen. Allerdings wurde bereits in der Botschaft des Bundesrates zum Spielbankengesetz ausgeführt, dass gelegentliche Glücksspiele nicht von dieser Bestimmung erfasst werden sollen. Unter Glücksspielen versteht Frau Widmer-Schlumpf Spiele um Geld im Familien- oder Freundeskreis.

Der Auftrag zur Erarbeitung eines „Schweizer Poker-Gesetzes“ sind gute Nachrichten für uns Pokerspieler, zumal Lukas Reimann in seiner Motion mehrmals von Poker als Geschicklichkeitsspiel (und nicht als Glücksspiel) gesprochen hat. Es scheint, dass mit der Annahme der Motion der Nationalrat indirekt auch zugestimmt oder zumindest zur Kenntnis genommen hat, dass Poker nicht ein Glücksspiel, sondern ein Geschicklichkeitsspiel ist.

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