Selbständigkeit = Freiheit

Seien wir ehrlich: Die allermeisten von uns arbeiten nicht aus Spass, sondern hauptsächlich wegen dem Geld. Natürlich gibt es befriedigend Momente, wenn man einen „guten Job gemacht hat“ oder eine Arbeit auszuführen kann, die dem eigenen Leben Sinn stiftet. Natürlich ist es schön, Arbeitskollegen zu haben, mit denen man sich gut versteht, und jeweils am Ende des Monats den Lohn zu erhalten. Doch wie viele erfüllende Jobs gibt es wirklich? Und verschwendet man nicht seine Lebenszeit bei der Arbeit? Immerhin nimmt die Arbeit den Grossteil von fünf von sieben Tagen pro Woche ein, und das während der besten Lebenszeit, zwischen 20 und 65.

Ich selbst bin ja mit dem Thema Poker selbständig geworden. Mittlerweile betreibe ich Poker aber nur noch als Hobby. Ich würde auch niemandem empfehlen, ausschliesslich auf Poker als Lebensunterhalt zu setzen, dazu wird es einfach mit der Zeit zu eintönig und die Risiken im System sind zu hoch -siehe was kürzlich in den USA geschah, wo nun die online Poker Profis entweder auswandern müssen oder auf live Games wechseln müssen, wenn sie bei Poker bleiben wollen. Mehr Geld  als mit Poker spielen verdiene ich, indem ich Webseiten erstelle und darüber für Unternehmen Kunden werbe. Also etwa indem ich Empfehlungen zu Pokerseiten abgebe und dann eine Provision erhalte, wenn sich ein Spieler dort anmeldet und Poker spielt. Das ist aber nicht auf online Poker alleine beschränkt, es gibt eine Vielzahl von Unternehmen, die man über Partnerprogramme in Netzwerken einfach bewerben kann.

 

 

Gewonnene Freiheiten dank der Selbständigkeit

Ich habe mich also vor über einem Jahr selbständig gemacht, und es bisher keine Sekunde bereut. Klar, den Lohn, den ich früher erhielt, werde ich auf absehbare Zeit nicht wieder erreichen. Und  meine sozialen Kontakte haben sich durch die Arbeit von zu Hause aus deutlich reduziert. Aber viel stärker gewichte ich die Vorteile, die ich daraus gewonnen habe. Und diese drehen sich alle um das Thema Freiheit:

Freiheit bezüglich Arbeitsinhalten: Niemand sagt mir mehr, was ich zu tun habe – ich bestimme selbst, was ich mache. Hier hatte ich in meinen früheren Jobs jeweils gute Chefs, die mir genügend Freiraum liessen, ich könnte mich also nicht beklagen. Aber ich kann nun selbst bestimmen, was ich tun will.

Freiheit bezüglich Zeiteinteilung: Ich arbeite, wann ich will. Bisher waren meine Motivation und mein Spass an meiner Arbeit gross genug, dass ich de facto jeden Tag gearbeitet habe, also auch am Wochenende (reduziert). Dennoch fühle ich keinen grossen Druck dabei, ich mache es gerne. Wenn ich etwas Spannendes zu erledigen habe, dann wird es schnell nach Mitternacht, ohne dass mich das stört. Ich kann aber auch tagsüber mal 2h lang spazieren oder einkaufen gehen, ohne dass ich jemanden um Erlaubnis bitten muss.

Freiheit bezüglich Ferien: Ich muss mich mit niemandem mehr abstimmen oder Ferienvertretungen organisieren, ich nehme dann Ferien, wann ich will (ok, de facto hab ich davon bis auf eine Handvoll einzelner Tage seit letztem September auf Ferien verzichtet; ich will ja vorwärts kommen).

Freiheit bezüglich Terminen: Ich stelle keinen Wecker mehr, sondern stehe einfach auf, wenn ich wach werde. Ich habe praktisch keine geschäftlichen Termine mehr, mein Leben ist einfacher geworden. Und vor allem habe ich keinen Termindruck mehr, zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort sein zu müssen.

Freiheit bezüglich Arbeitsort: Mein Arbeitsplatz besteht aus einem Notebook mit Internet-Anschluss. Ich kann damit praktisch von überall auf der Welt aus Arbeiten. Bei dem tollen Wetter im April/Mai war das fast immer der Balkon. Manchmal gehe ich aber auch auf eine Bank am Waldrand, von wo ich Sichtverbindung zu meiner Wohnung habe – trotz 200 Meter Luftlinie ist die WLAN-Verbindung noch genügend gut. Und letztes Jahr lebte ich 1.5 Monate in Italien und arbeitete von dort aus (morgens und abends, tagsüber war ich am Strand, der 50m von meiner Wohnung entfernt war).

Freiheit bezüglich Arbeitsweg: Ich habe also auch keinen Arbeitsweg. Mir wäre es ein Gräuel, jeden Tag mit dem Auto oder mit dem Zug zur Arbeit gehen zu müssen. Staus und Verspätungen sind Stressfaktoren, jedenfalls für mich. Ich hatte deswegen schon während meinen über zehn Jahren als Angestellter jeweils versucht, den Arbeitsweg durch eine geschickte Wohnungswahl auf 15 Minuten zu beschränken, was mir aber nicht immer gelungen ist. Jetzt beträgt mein Arbeitsweg 20 Schritte.

Freiheit bezüglich Arbeitskleidung: Über viele Jahre hinweg trug ich einen Anzug mit Krawatte, egal wie warm es draussen war. Ich kann mir jetzt nicht mehr vorstellen, den ganzen Tag feste Schuhe tragen zu müssen.

Nebst diesen neugewonnenen Freiheiten schätze ich es, meinen Arbeitsinhalt selbst bestimmen zu können. Wenn mir eine neue Idee kommt, kann ich diese sofort umsetzen. Ich muss keine Businesspläne schreiben und nicht durch fünf Instanzen laufen, bevor ich ein neues Projekt realisieren kann. Die Umsetzung erfolgt entsprechend blitzschnell, während in grossen Unternehmen Monate vergehen können, ohne dass sich etwas bewegt.

Das sind jetzt alles grosse Worte – es kann passieren, dass ich mir einfach aus finanziellen Gründen wieder eine feste Stelle suchen muss. Aber das versuche ich tunlichst zu vermeiden, in dem ich viel arbeite…

 

Warum ich das hier geschrieben habe

So what, denkst Du jetzt vielleicht. Und das denke ich mir auch gerade, aber jetzt ist der Text geschrieben ;-)

Der Grund, warum ich das überhaupt geschrieben habe, liegt in einem Artikel, den ich kürzlich las und der mich sehr bewegt hat. Ich möchte Dich dazu animieren, den Beitrag auch zu lesen. Er ist leider in englischer Sprache verfasst, aber sehr lesenswert. Er trägt den schönen Titel „How to Quit Your Job, Move to Paradise, and Get Paid to Change the World” und enthält die bewegende Geschichte eines Menschen, der es unter sehr ungünstigen Voraussetzungen geschafft hat, ein schönes und sinnstiftendes Leben zu führen.

 

 

3 Responses to Selbständigkeit = Freiheit

  1. Geldherrin Anonymous sagt:

    Ich finde deinen Artikel sehr gelungen, ein Plädoyer für die Selbständigkeit. Du argumentierst über Freiheit, hinter der sich aber letztlich ein noch viel höheres Gefühl verbirgt. Die Freiheit der Selbständigkeit macht glücklich.

    Und deshalb akzeptieren viele Selbständige auch die Schattenseiten der Selbständigkeit: Man arbeitet oft erheblich mehr als als Angestellter und viele Existenzgründer verdienen in den ersten Monaten erheblich weniger als in einer Anstellung. die Unsicherheit ist größer, man weiß nie, wie sich die Auftragslage entwickelt, ob auch alle Kunden bezahlen usw.

    Dennoch geht es mir wie dir: Ich würde eine Menge tun um nicht wieder als Lohn-/Gehalts-„Sklave“ in einem Arbeitsverhältnis zu arbeiten.

  2. Pedro sagt:

    Als Pokerprofi hast du aber sicherlich keinen leichten Job. Außerdem hast du kein festes und sichers Monatseinkommen. Dieses kann bei einer längeren Pechphase sogar negativ sein. Außerdem werden die Spieler im Schnitt immer besser, da die schlechten abwandern und nur die guten bleiben, sodass das durchschnittliche Niveau steigt, also dein durchschnittlicher Gewinn sinkt. Ich stells mir echt nicht leicht vor nur vom Pokern zu leben. Trotzdem viel Erfolg!

  3. pokergott sagt:

    @pokerprofi

    meinen glückwunsch zu deiner entscheidung, war sicher nicht einfach.

    das ist aber, wie du sicher selber weisst und wie bei allem im leben, für die wenigsten möglich.

    die von dir erwähnte „freiheit“ des selbständigen mag bei dir vorhanden sein, bei dem grossteil der selbständigen ist sie es sicher nicht.
    Diese unterliegen weitaus grösseren zwängen, als der gemeine arbeitnehmer.

    keine arbeit – kein geld, urlaub – kein geld, krank – kein geld, schlafen bis man aufwacht – kunde weg – kein geld. kein geld für die altersvorsorge – arbeiten bis zu umfallen oder sozialhilfe.

    so sieht das leben der meisten selbständigen aus, also weg mit der rosaroten brille!

    ausnahmen, wie z.b. kompletter wirtschaflicher unabhänigkeit (auf gut deutsch: du hast soviel geld, dass du deinen lebtag nicht mehr arbeiten müsstest) und hast keine angestellten für die du verantwortlich bist (es sei denn, sie wären dir egal), sind wohl eher die seltenheit und in meinen augen auch keine wirklich „selbständigen“.

    und wer glaubt, vom pokern leben zu können, der sollte lieber mal zum arzt gehen. (jaja, unsachlich, musste aber mal raus)

    p.s. ich würde vorschlagen, die artikel noch kürzer zu halten um die aufmerksamkeitsspanne mancher leser (insbesondere pedros) nicht mehr auf die probe zu stellen.

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