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Aussage von Dusty “Leatherass” Schmidt

Vielleicht hast Du schon mal von „Leatherass“ (Dusty Schmidt) gehört. Er hat kürzlich das Pokerbuch „Poker als Beruf“ veröffentlicht. Das Buch richtet sich an Pokerspieler, die online Poker als Beruf ausüben möchten.

„Leatherass“ spielt Cash Games und hat seit vier Jahren beim grössten Pokerraum der Welt, PokerStars, den höchsten VIP-Level inne: Supernova Elite (es gibt vielleicht ein Dutzend Deutsche, die Supernova Elite SNE sind).

Ich habe nun auf Pokernews.com dieses Interview mit ihm gelesen, das mich aufhorchen liess. Zuerst erzählt er, dass die Spiele 2007 softer (einfacher) waren als im 2010. Dafür gab es damals weniger Tische auf den hohen Limits. So gleicht es sich für ihn mehr als aus. Er schafft es jetzt mit 85 Stunden online Poker pro Monat, den SNE Status zu erhalten.

Aber das ist nicht das besondere am Interview. Auf die Frage, was er einem Spieler für Tipps hat, der SNE werden will, antwortet er: „Zuallererst, besorge Dir eine Flasche, in die Du urinieren kannst“. Er erklärt dann ausführlich, wie viele Hände er so zusätzlich spielen kann und wie viel Zeit er dank dieser Urinier-Flasche länger mit seiner Familie verbringen kann.

Endlich mal ein Profi, der „es“ zugibt. Und dabei ist es ja für Cash Game Spieler wie ihn viel einfacher, auszusetzen als wenn man Pokerturniere spielt (dort sind die Blinds meist viel viel grösser im Verhältnis zu den Stacks).

Ich verzichte jetzt auf eine Umfrage, wie ihr das handhabt ;-)

Lerne von drei Poker Profis (und Bloggern)

Etwas, was das eigene Pokerspiel am stärksten vorwärts bringt, ist das Lernen aus Fehlern. Leider ist dieses Lernen an Echtgeld-Pokertischen live oder online eine kostspielige Angelegenheit. Kostenlos lernen kann man jedoch aus den Fehlern und Ratschlägen von anderen. Ich habe drei deutschsprachige Pokerprofis, die selbst auch bloggen, nach den 3 Dingen gefragt, die ihr Pokerspiel am stärksten vorwärts und auf ein neues Niveau gebracht haben. Lies in ihren Tipps, worauf es beim Pokern wirklich ankommt, um auf Dauer Erfolg zu haben und Geld zu verdienen.

Ein herzliches Dankeschön an die drei Blogger und Poker Profis Leraner, Florian und Schoschovic, dass sie sich die Zeit genommen haben, sich dazu Gedanken zu machen und diese für euch niederzuschreiben!

Leraner – Übernimm die Verantwortung für Dich

Leraner ist 2009 aus Norddeutschland nach Gran Canaria ausgewandert, um dort seinen Lebensunterhalt mit Poker zu bestreiten. Nebst Live Poker spielt er natürlich auch online: Früher hat er mit der SSS (Short Stack Strategy) die höchsten Limits gecrusht, hat dann auf DON (Double or Nothing) mit Buy-Ins 100$+ gewechselt und spielt aktuell online Cash Game und MTT’s. Mehr von seinen Gedanken findest Du in direkt in seinem Blog Leraner – Pokern auf Gran Canaria; in seinem aktuellen Post „Warum ehemalige Winning Player heute in einem tiefen Down stecken“ geht näher darauf ein, wie schwierig Poker heute zu schlagen ist und wie es sich auf den höchsten Limits spielt (im Sinne von „Ein Big Blind ist grösser als der Monatslohn einer Näherin in Bangladesh“).

1.      Wer verliert gewinnt – wer gewinnt verliert

Kein großer Sieg bringt einen nach vorne- Siege führen zu Selbstüberschätzung und Arroganz, Niederlagen führen dazu am Spiel zu arbeiten und besser zu werden, das Lied von Nordend Allstars „Gewinnen kann jeder“ beschreibt was ich sagen will. Grösse zeigt sich beim Verlieren … sowas kann jedem mal passieren…   wir zeigen auch im größten Frust, unsere stolz geschwellte Heldenbrust , wir stehen auf und kommen wieder… wir werden‘s überleben, gehen jetzt einen heben, machen uns auf die Reise und sagen zum Abschied leise Scheiße… Wir kommen wieder und das nächste Mal als Sieger… wir singen auch bei Niederlagen denn es kommen wieder bessere Tage, sind sowieso moralische Sieger… wer verliert, lernt wahre Grösse zu zeigen.

Wir sind keine Freunde aber faire Gegner, sind sowieso moralische Sieger was auch gleichzeitig Punkt 2 ist.

2.      Erwarte das Schlimmste, hoffe auf das Beste

Was bringt es ein guter Pokerspieler zu sein wenn man zum Arschloch mutiert, ich hatte so eine Phase , das Geld/Erfolg steigt einen zu Kopf, also Fair Play, beim Gewinnen und Verlieren, das heißt niemanden für einen Bad Beat beschimpfen aber gleichzeitig auch nicht ausrasten wenn man mit Glück gewinnt und seine Karte trifft, immer nett und fair bleiben, es ist irgendwie auch ein Sport, Hand geben wenn ein Spieler busted, eigene Bad Beats nicht eingestehen sondern eher mit dem Satz „ich Wirklichkeit hatte ich schon viel Glück“ à la Doyle Brunson abwehren. Einfach fair sein, auch mal eine Runde ausgeben ohne dabei arrogant sein oder eine Gegenleistung erwarten. Dazu gehört auch, die anderen spüren zu lassen das sie als Strassenkehrer, Maurer oder was auch immer auch etwas wert ist, und Poker nicht nur Halli-Galli ist, sondern auch seine Schattenseiten hat.

Wenn man Punkt 2 trotz harter Downswings etc. beherrscht zeigt man meines Erachtens wahre Grösse.

3.      Lernen von den Besten

Nur wer von den besten lernt kann selbst der Beste werden, also Harrington, Sklansky, Brunson, Ed Miller das ist die richtige Literatur, und keine Pokervideos von NL50 Coachs welche selbst erst ein Jahr spielen :-)

4.      Andere belügen ist schlimm, sich selbst belügen ist schlimmer

Übernehme die Verantwortung für dein eigenes Leben, für alle Gewinne und für alle Verluste, biege Storys nicht so hin dass du immer den Bad Beat bekommen hast. Stehe dazu dass du deine Asse nicht protected hast, stehe zu Fehlern. Niemand ist fehlerfrei, heul nicht rum wenn du den anderen die Chance gibst den Flush zu ziehen und diese jenen dann bekommen. Belüg nicht die anderen, belüge nicht dich selbst, mach es nächstes Mal besser :-)

Florian – Disziplin und die richtigen Limits

Florian ist schon seit vielen Jahren aktiv in der Pokerwelt dabei. Und dies nicht nur als Spieler, sondern auch als Betreiber des Blogs NextLevelPoker (zusammen mit dem bekannten Pokerbuch-Autor Jan Meinert) sowie als Co-Autor und –Betreiber der Pokerseite PokerFieber.

1.      Disziplin statt Ego

Das wichtigste ist meiner Meinung nach Disziplin. Das hört sich banal an und liegt eigentlich auf der Hand, aber das Ganze hat so viele Facetten, die man nur selten berücksichtigt. Was einer der häufigsten Gründe zum Scheitern eines Pokerspielers ist, ist die Tatsache, dass nur wenige die Disziplin haben an den richtigen Tischen zu spielen. Beim Pokern geht es nicht ums Ego, darum sich mit den besten zu messen und diese zu schlagen. Es geht einfach nur um den Profit. Und auch wenn es manchmal langweilig ist Fixed Limit Hold’em mit den größten Fischen spielen zu müssen, so liegt dort meist das große Geld.

2.      Spiel auf Limits, die Du Dir auch leisten kannst

Genauso wichtig ist es entsprechend niedrige Limits zu spielen, die man sich wirklich leisten kann. Und dabei ist ganz wichtig das Geld ernst zu nehmen. Es geht nicht darum auf einem 0,05/0,1 Tisch nur 3 Euro zu verlieren. Klar, das Geld kann man meist mit 10 Minuten Arbeit wieder zurückholen. Sondern es geht darum wie profitabel man gemessen am Limit ist.

3.      Vermeide Downswings

Und was viele nicht verstehen: Die Varianz auf den niedrigeren Limits ist viel kleiner. Selbst wenn man ein Limit höher spielen könnte, sollte man es nicht immer tun denn ein Downswing nach einem Limitaufstieg kann sehr schmerzhaft werden und einen weit zurück werfen. Man muss sich nur einmal die Gesichter bzw. Avatare ansehen, die bei Full Tilt mal auf den höchsten Tischen gespielt haben. Nur ein Bruchteil davon hat dort auch etwas verloren.

Schoschovic – Selbstkritik üben

Schoschovic ist einer der absoluten deutschsprachigen Top-Blogger überhaupt. Er betreibt seinen Blog bereits seit September 2007 als  aktiver Blogger und ist seit über 3 Jahren aktiv Poker.  Aktuell spielt er No Limit Shorthanded bis NL 600.

Seinen Blog, den er seit kurzem im Zweierpack mit Luke betreibt, findest Du hier: Schoschovic vs. Luke.

Selbstkritisches Denken

Als wichtigsten Punkt würde ich das selbstkritische Denken sehen. Derjenige, der die Schuld nicht immer bei irgendetwas anderem sucht sondern bei sich selbst und ehrgeizig genug ist sich ständig zu verbessern, wird es beim Poker weiter bringen als andere.

Weiter erachte ich die folgenden Punkte als sehr wichtig, die ich in meinem Post „Worauf es beim Poker wirklich ankommt“ im Detail ausgeführt habe. Diese sind:

Suche den Fehler bei Dir selbst: Wenn man über längere Zeit Geld beim Pokern verliert, dann sind wohl nicht die Bad Beats der Gegner oder einfach „die Varianz“ schuld, sondern man selbst und das eigene Spiel weist noch deutliche Fehler auf.

Konzentrier Dich auf eine Variante: Wähle eine Pokervariante aus, die Dir zusagt, und bleib dabei. Es bringt nichts, von No Limit zu Shorthanded und anschliessend zu Sit and Go’s zu wechseln, weil es dort „angeblich am meisten Fische gibt“. Gewinnen werden die, die sich auf eine Variante konzentrieren und bei einer Variante bleiben.

Das Denken kann Dir niemand abnehmen: Poker-Literatur und Videos sind gut und recht, aber es bringt nichts, Konzepte von anderen 1:1 zu kopieren. Passe sie der aktuellen Situation am Tisch, bei der auch Dein Tableimage ein wichtiger Faktor ist, an.

Bleib realistisch: Im Poker macht man nicht nur Gewinne, sondern auch Verluste. Wichtig ist zu verstehen, warum man Gewinne erzielt und seine Spielweise dann beizubehalten, auch wenn es dann mal weniger gut läuft.

Zusammenfassung: Demut, Lernwille, Objektivität

Ich war tief beeindruckt von den Antworten der drei Poker Profis. Und ich bin froh, dass ich ihnen die Fragen offen gestellt habe und keine Beispiele genannt hatte. Sonst wären vielleicht ganz andere Tipps im Sinne von „Tracking-Software installieren“ oder „Multitabling lernen“ gekommen.

Alle drei Blogger haben in ihren Tipps drei Punkte gemeinsam: Demut, Lernwille und Objektivität. Wer diese drei Elemente im Griff hat, verbessert seine Chancen deutlich, langfristig profitabel Poker zu spielen.

Ursprünglich wollte ich auch noch drei Tipps hinzufügen, mit denen Du ein besserer Pokerspieler werden kannst. Aber die Aussagen der drei Profis sind kaum zu toppen. Ich möchte deswegen nur einen Punkt noch erwähnen, der teilweise oben schon abgedeckt ist: „Spiel Dein A-Game oder spiel nicht.“ Mit A-Game ist das bestmögliche, fehlerfreie Spiel gemeint, das Du spielen kannst. Das Gegenteil des A-Games spielt man, wenn man auf Tilt ist. Es hat bei mir lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass dies nicht binär ist, sondern dass es noch eine grosse Grauzone dazwischen gibt. Denk also nicht: Ich habe noch nie meine Maus zertrümmert oder den Harrington zerrissen, also war ich noch nie auf Tilt und habe deswegen immer mein A-Game gespielt. Die Grauzone fängt bereits an, wenn Du Dich nach zwei Bier nach dem Motto „noch schnell eine Runde zocken“ vor den PC setzt. Oder wenn Du denkst: „Aaargh, Regular XY hat schon wieder den Flip gegen mich gewonnen, warte, jetzt zahle ich es Dir heim!“. Der erste wichtige Schritt ist zu erkennen, dass Du nicht mehr den A-Game spielst. Der zweite wichtige Schritt ist, entweder sofort zu Deinem Top-Spiel zu wechseln oder – und das ist wohl für die meisten die einfachere Lösung – eine Pokerpause einzulegen.

Du hast auch einen Tipp, wie andere Leser hier ihr Pokerspiel verbessern können? Dann schreib ihn doch jetzt gleich als Kommentar nieder!